Der zweite Ausflug des Rautheimer Kulturprogramms führte uns nach Helmstedt, in das Kloster St. Marienberg und die dortige Paramentenwerkstatt.
Die Kirche und das ehemalige Kloster St. Marienberg liegen am Rand von Helmstedt, als wir uns der Stadt über die B1 nähern, sehen wir schon von weitem das mächtige Westwerk aufragen. Begrüßt werden wir von Brigitte Küpper, eine der Frauen des Konvents, die das geistlich-religiöse Leben gestalten und die Kunstschätze bewahren und bei Führungen zeigen. Sie wird uns gemeinsam mit einer Gästeführerin durch das Gebäude führen.
Der Rundgang beginnt in der Kirche, wo wir eine kurze Einführung zur Geschichte des Klosters bekommen. Es wurde 1176 als Augustiner-Chorfrauenstift gegründet, mit der Reformation jedoch kam das Klosterleben nahezu zum Erliegen. Als Charlotte von Veltheim 1848 mit nur 16 Jahren zur Äbtissin ernannt wurde, waren die Gebäude baufällig und das klösterliche Leben eingeschlafen. Nach einer Ausbildung krempelte sie die Ärmel hoch – und räumte erst einmal auf.
So veranlasste sie unter anderem eine Renovierung der Kirche. Frau Küpper weist uns auf ein buntes Glasfenster im nördlichen Querhaus hin, es ist eines der wenigen Fragmente, die von der romanischen Ausstattung der Kirche noch erhalten sind. Etwas Besonderes ist auch das Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert an der Westwand des Seitenschiffes, der Gekreuzigte wird hier mit vor der Brust verschränkten Armen dargestellt. Beim Gang einmal durch das Hauptschiff der Kirche bewundern wir die bunte Ausmalung der Wände. Sie stammt von Adolf Quensen, der Ende des 19. Jahrhunderts unter anderem auch den Kaiserdom in Königslutter farbig gestaltete. Beeindruckt bleiben wir auch vor dem Altarretabel stehen, es zeigt die Kirchenpatronin Maria umgeben von Aposteln, Heiligen und Märtyrern. Wie prächtig war die Kirche im Mittelalter ausgestattet!
In der Schatzkammer des Klosters staunen wir über die mittelalterlichen bestickten und gewebten Teppiche. Die meisten hat Charlotte von Veltheim bei ihren Aufräumarbeiten im Kloster und in der Kirche gefunden. Wie sie dorthin gelangt sind, ist bei vielen nicht bekannt, vielleicht wurden sie in unsicheren Zeiten dort in Sicherheit gebracht. Wie ein Comic erzählt einer die Lebensgeschichte der Heiligen Elisabeth in einzelnen Bildern. Wie viele Stunden, Tage, Wochen und Jahre die Frauen daran gearbeitet haben…
Und endlich öffnet sich die Tür zur Paramentenwerkstatt. Auch sie geht auf Charlotte von Veltheim zurück, die die mittelalterliche Tradition wiederbelebte. Auf verschiedenen Arbeitsplätzen werden heute Textilien ganz unterschiedlicher Art gefertigt, ein großer Webstuhl dominiert den Raum, daneben gibt es aber auch Nähmaschinen und Stickmaschinen. Neben dem Entwurf und der Anfertigung neuer Paramente werden auch historische Stoffe restauriert, auch unsere Rautheimer Paramente haben hier eine Restaurierung erhalten. Und auch Talare, Stolen, Tauf- und Totenkleider entstehen hier, alles Unikate. Die feinen Stiche der gestickten Motive sind beeindruckend, die bunten Farben und die Vielfältigkeit der Werke.
Nach der Führung versammeln wir uns noch einmal in der Kirche. Wir halten zum Abschluss eine Andacht – Thema natürlich: Weben. Für die leeren Mägen gibt es noch eine Stärkung im Chinesischen Restaurant, dann geht es wieder nach Rautheim zurück.